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Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Do 2. Mär 2023, 22:04
von UlliB
82er Steirer hat geschrieben:Das mit dem Preis ist ganz einfach: Für uns Ösis werden gerundete Preise gemacht damit wir leichter ausrechnen können, wie viele Flaschen die Haushaltskasse hergibt, also EUR 14 die Flasche. Auf Grund der Versandhandelsregelung wird beim Versand nach Deutschland deutsche USt fällig. Netto will der Weinbauer aber immer den gleichen Preis haben. Also wird der österreichische Bruttopreis auf netto zurückgerechnet. Da der Steuersatz für Wein, der aus eigenen Weintrauben produziert wird, 13% beträgt, rechnet man also EUR 14 / 1,13 * 1,19 = 14,74. Natürlich hätte er auch brutto in allen Ländern das gleiche verlangen können, dann bleibt ihm halt je nach Empfängerland ein anderer Nettopreis (Pinard de Picard macht das zum Beispiel).
Danke für die Erklärung!

Und wieder was gelernt: in Österreich gibt es für Wein aus eigenen Weintrauben einen separaten Steuersatz, der zwischen dem normalen Mehrwertsteuersatz (20%) und dem reduzierten Satz z.B. für Lebensmittel (10%) liegt. Du liebe Güte... klar, dass da beim Warenversand innerhalb der EU ein vermutlich fast undurchdringbarer Regulierungsdschungel herrscht :?

Gruß
Ulli

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Do 2. Mär 2023, 22:06
von amateur des vins
"Ganz einfach" geht anders, meiner bescheidenen Meinung nach - aber danke für die Erklärung! Das mit den 13% war mir unbekannt.

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Fr 29. Dez 2023, 21:17
von amateur des vins
Mal wieder Gelegenheit für eine neue Erfahrung aus Beifang:

Krispel, Stradener Rosenberg 2021
       Gelber Muskateller


An anderer Stelle hier las ich hier, Gelber Muskateller polarisiere. Zumindest aus dieser Erfahrung kann ich dies bestätigen: Mme hatte überhauptkeine Freude an dem Wein, während ich ihn spannend und recht gut fand. Da wir überwiegend dieselben Weine gut oder weniger gut finden, ist dies ein wertvoller Hinweis, was für Mmes Aversion gegenüber bestimmten Weinen (Riesling!) ursächlich sein könnte...

Dieser Wein zeigt in der Nase Muskat, Holunder- und Rosenblüte - der Name ist Programm!
Am Gaumen ziemlich knackig und apfelig: Hier wurde ziemlich sicher kein BSA durchlaufen. Trotz 9 Monaten auf der Feinhefe auch nicht besonders cremig, sondern mit viel Zug und leichtem Grip. Wieder Holunderblüte.
Im Abgang neben Rose eine Spur vulkanisch-rauchig (sic!).

Im Urlaub hatte ich zwar einige schöne Begegnungen mit Gelbem Muskateller (nicht von Krispel), aber so richtig einordnen kann ich die Rebsorte noch nicht. Vor allem überrascht mich das Potential zur Knackigkeit, aber das liegt vermutlich daran, daß meine ersten Begegnungen mit einer Muskateller-Rebsorte mit Weinen aus Rivesaltes stattfanden. Immerhin ist es dieselbe Rebsorte: Muscat à petits grains blancs (wenn es kein Muscat d'Alexandrie ist).

Dieser Rosenberg ist schon ziemlich auf der knackigen Seite, aber mit genug Substanz, damit es nicht in's Extreme abgleitet. Ich vermute aber: Wenn 2021 in AT nur annähernd dieselben Auswirkungen wie in D hatte, haben wir hier deutlichen Jahrgangseinfluß. Interessant: Der RZ ist mit 3,3g höher als beim 2020er und 2022er, trotz vergleichbarer Säure (2021: 6,1). Spricht irgendwie dagegen, daß 2021 tendenziell unreif und sauer wäre... :?

Ich bin gespannt auf den 2022er, von dem ich ebenfalls eine Flasche habe...

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Sa 10. Feb 2024, 15:54
von amateur des vins
Nach dem 2021er im Vorbeitrag heute nun der Nachfolger aus demselben Beifang:

Krispel, Stradener Rosenberg 2022
       Gelber Muskateller


der Wein gleicht seinem älteren Bruder wie aus der Traube geschnitten:
Holunder- und Rosenblüte, ein wenig grüner Apfel. Ziemlich knackig, etwas Grip, nur sehr dezent cremig. Im Abgang einen Hauch vulkanisch-rauchig. Im Gegensatz zum 2021er, finde ich heute kein Muskat; dafür grüne Zitrone. Ganz zuletzt läßt im Nachhall eine Note von Maracuja und weißer Johannisbbere Sauvignon-blanc-Assoziationen aufkommen.

Nicht superkomplex; kommt eher über Säure und Frische, das aber sehr gekonnt und harmonisch. Schön!

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Do 15. Feb 2024, 21:44
von amateur des vins
Es hat schon manchmal seine Vorteile, hier zu schreiben - manchmal ergeben sich daraus unverhofft neue Perspektiven. So las eine von mir sehr geschätzte Person von meinen eher zufälligen Begegnungen mit Krispel und empfahl mir daraufhin Neumeister als Benchmark im Vulkanland. Soetwas lasse ich mir nicht zweimal sagen, und so orderte - und trank - ich kurzerhand

Neumeister, Moarfeitl Morillon 2021
Neumeister, Moarfeitl Sauvignon blanc 2021


Noch bevor die Zapfen gezogen waren, wurde mein Wahl von besagter Person milde in Zweifel gezogen, mit dem Hinweis, daß das Topsegment bisweilen darauf getrimmt wird, Eindruck zu schinden, und mithin nicht unbedingt repräsentativ sei. Nun denn, mein nicht ganz typischer Top-Down-Ansatz bei der Annäherung ist ja hinlänglich bekannt, und schließlich waren die Buddeln nun mal da. Also aufgemacht und ausprobiert!

Der Morillon zeigt in der Nase deutlichen, aber moderaten Holzeinsatz, tolle Kräuterwürze, die Andeutung reifer Aprikose und einen Hauch Nektarinen. Am Gaumen ist er kraftvoll und dicht, fast ölig, aber dennoch mit gutem Trinkfluß Wieder reife Aprikose, dazu etwas Orange. Die Säure eher mild, aber jederzeit ausreichend frisch. Sehr lange anhaftend Sehr gut!

Der Sauvignon blanc zeigte sich zu Beginn halbwegs verhalten, mit deutlich Cassis und etwas Passionsfrucht. Am Gaumen ebenfalls sehr dicht und ölig, aber dennoch mit großem Trinkfluß. Die Pyrazinnoten hier etwas dezenter, dafür vollkommen reife Zitrone. Erkennbar Grip. Feine Basilikumnote. Säure ein wenig präsenter als beim Morillon, aber das geht bei SB auch deutlich knackiger - nicht immer zum Vorteil. Ebenfalls lang und anhaftend, hier eher grasig-kräuterig und zitrisch, mit nur einem Hauch der Pyrazinaromatik. Ebenfalls sehr gut!

To be continued...

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Do 15. Feb 2024, 21:53
von amateur des vins
Es ist Äpfel mit Birnen vergleichen, oder noch krasser. Aber nach der Mahnung, nicht unbedingt mit - womöglich untypischen - Topweinen einzusteigen, schraubte ich noch auf:

Neumeister, Straden Gelber Muskateller 2022

Das ist jetzt natürlich nicht Mittelbau - den bilden die "Klausen" ab -, sondern eher Einstiegssegment. Zudem andere Rebsorte, anderes Jahr - Vergleiche verbieten sich eigentlich von selbst. Deshalb werde ich nachher auch einen ziehen. :lol:

Der Wein ist zunächst linear zitrisch. Keine Notizen am ersten Tag, aber...
[+1d] Knackig und leicht mineralisch. Dezent grüngemüsig (Staudensellerie). Am Gaumen mit wieder mit knackiger Säure, irgendwo zwischen unreifem Golden Delicious und nicht besonders reifer Zitrone. Pointiert, aber noch auf der guten Seite. Heute dann auch mit deutlichen Muskatnoten.
Nicht furztrocken, aber nur unterschwellig/"füllend". (Später gefunden: S 6,2, RZ 3,9)

Zurück zu den Resten der Moarfeitl...

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Do 15. Feb 2024, 22:05
von amateur des vins
amateur des vins hat geschrieben:Neumeister, Moarfeitl Morillon 2021
Neumeister, Moarfeitl Sauvignon blanc 2021
[+2d] Bei den Weinen hat sich einiges getan:
Der SB heute mit weißen Johannisbeeren, dezent grün/grasig, mit nur wenig Passionsfrucht.
Der Morillon deutlich nussig (Macadamia/Pecan), etwas erdig. Am cremigen Gaumen nun deutlicher Säurekick (Carambole) und etwas Sternanis. Die Säure haftet im langen Abgang an, was viele dann wohl als "salzig" empfinden.

Beide: 13,5%, S 5,9, RZ 1,1

--

Der unmögliche Vergleich unvergleichbarer Weine hat spannende Ergebnisse gezeigt:
In der Tat sind die Moarfeitl stilistisch ein ganz anderer Schnack: Sehr reifes Lesegut und 18 Monate auf der Feinhefe ergeben eine cremige, geschmeidige Tendenz. Die Säure ist nicht besonders hoch, jedoch ausreichend. Hilfreich ist, daß die Weine trocken sind - sonst wäre es wohl too much.
Der Gelbe Muskateller zeigt eine ganz andere Stilistik: Weniger Alkohol (12,0%), mehr Säure, und leicht, aber erkennbar restsüß. Das ergibt einen insgesamt knackigen, aber nicht anstrengenden Wein.

Alle drei haben mir auf ihre Art gut gefallen! Die mahnenden Worte waren vermutlich berechtigt: Mit dem Mittelbau "Klausen" zu beginnen, wäre wahrscheinlich keine blöde Idee gewesen. Ich werde das gerne bei Gelegenheit nachholen, womöglich im direkten Vergleich, denn hier weiß jemand, wie guter Wein gemacht wird.

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Di 16. Jul 2024, 17:38
von amateur des vins
Meine initialen Neumeister-Erfahrungen waren ja äußerst einladend. Letztens habe ich quer durch den Garten ein bißchen nachgefaßt, ergänzt um Beifang. Den Anfang machten

Krispel, Ried Neusetzberg 2021
Neumeister, Ried Saziani 2021

 Vulkanland   Grauburgunder


Beides 2021er Grauburgunder aus dem Vulkanland mit 13,5 %. Auch der Preis ist zwar signifikant, aber nicht um Größenordnungen auseinander.

Der Krispel ist hellgolden, sogar mit einem Hauch Kupfer.
Neumeister sattfahlgelb mit leicht grünlichem Schimmer.

In der Nase der Krispel reif und kraftvoll, gleichwohl kühl und mineralisch. Gelbe Birne, ein wenig Bratapfel. Neumeister straff, fast karg. Dennoch komplex; weiße/helle Aromen von Nashi, ein wenig Litschi und Orchidee.

Am Gaumen Krispel wieder kraftvoll, aber kühl, mit frischer Säure. Mandarine und Blutorange gesellen sich zum Kernobst der Nase, dominieren gar. Ein wenig unterschwelliges CO₂. Ausgewogen, kraftvoll, frisch - sehr gut!
Der Neumeister ebensodicht (anders, als die Nase vermuten ließ). Ganz leicht cremiger Körper. Säure kommt ohne CO₂ daher und wirkt daher im ersten Moment milder, ist aber allemal hinreichend frisch. Wieder etwas hellaromatisch, hier etwas diffus. Zusätzlich etwas herber Staudensellerie.

Die Weine könnten stilistisch kaum unterschiedlicher sein, sind für mich aber auf Augenhöhe und beide sehr gut. Der Krispel scheint mir die Rebsorte etwas besser abzubilden. Aber vielleicht paßt er auch nur besser zu meiner Tagesform?

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Di 16. Jul 2024, 17:41
von amateur des vins
Einen Tag später schraubte ich dazu noch auf:

Neumeister, Straden 2023
 Vulkanland   Grauburgunder


Wie der große Bruder, helles Kernobst und Zitrone. Die Säure ist nicht aggro, aber wesentlich knackiger als bei jenem. Weniger Volumen und Komplexität (no shit, Sherlock!); recht linear, aber stimmig. Auch ohne diese leichte Cremigkeit des Saziani, aber auch keine grünen Noten. Dafür ein Hauch von Banane.

Für mich ein schöner "Terrassenwein" aber etwas schlicht für's Geld. Davon abgesehen, ordentlicher Wein.

Re: Südoststeiermark / Vulkanland Steiermark

Verfasst: Di 16. Jul 2024, 17:58
von amateur des vins
Traminer in jedweder Form hat mich bisher noch nie abgeholt; ich kann mit der häufig anzutreffenden Aufdringlichkeit der Rebsorte nicht so viel anfangen. Ich hinterfrage aber auch gerne gelegentlich meine Urteile, und so landete ebenfalls in der Bestellung:

Neumeister, Ried Steintal 2021
 Vulkanland   Roter Traminer


tl;dr:
Dieser Wein hat meine Clichés von der Rebsorte zum Einsturz gebracht!

Meine eh schon beschränkten Aromenbeschreibungen stoßen hier endgültig an ihre Grenzen. Ausnahmsweise zitiere ich mal das Weingut, um dann davon ausgehend meine eigenen Gedanken anzubringen:
Weingut Neumeister hat geschrieben:Ätherischer Duft nach Pfingstrosen, Ingwer, getrockneten Marillen, Buddhas Hand und grünem Tee; Harmonischer Körper mit Gewürznelken, Sandelholz, Akazienhonig und Muskatnuss. Langer, balancierter Abgang.
Bei Pfingstrosen und Ingwer in der Nase bin ich sofort dabei.Getrockene Marillen finde ich garkeine, Buddhas Hand kenne ich nicht (aber ich empfinde den Wein nur als marginal zitrisch), und grüner Tee ist garnicht drin (jedenfalls nicht so, wie ich meinen zubereite).
Beim harmonischen Körper bin ich wieder an Bord, Gewürznelken meinetwegen, Sandelholz vielleicht eine Spur, ebenso wie Akazienhonig und Muskatnuß, aber diese Assoziationen drängen sich mir nicht auf.
Langer, balancierter Abgang trifft uneingeschränkt zu.

Das hat einen Hauch dieser Parfümiertheit, die Aromarebsorten nunmal mit sich bringen. Jenseits dieser, ist aber eigentlich alles anders, als ich mit (Gewürz-)Traminer in Verbindung bringe! Der Wein ist trocken (1,1 RZ) und trotz moderater Säure (5,1) wirkt er frisch und nicht ansatzweise breit oder besonders barock.

Ich bin schon äußerst gespannt, was Mme dazu sagen wird! Ich würde vermuten, daß sie einigermaßen begeistert sein wird. Ich vermute außerdem stark, daß der Wein genial zum für heuteabend geplanten Biryani sein wird. Tolle Rekalibrierung meiner Papillen!