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Neusiedlersee

Neusiedlersee-Hügelland, Neusiedlersee, Mittelburgenland, Südburgenland
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Bernd Schulz

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Re: Neusiedlersee

BeitragSa 10. Dez 2016, 15:30

Gerald hat geschrieben:Allerdings ist das deutsche Bezeichnungswesen ja auch nicht gerade vorbildhaft übersichtlich, oder?


Nein, das ist es fürwahr nicht - vor allem nicht seitens der VDP-Betriebe :twisted:!

Aber wenn du einen deutschen Wein von der Mittelhaardt getrunken hast und danach deine VKN in die Datenbank eintragen willst, liest du auf dem Etikett der Flasche das Wörtchen "Pfalz", und dann kannst du sofort dein Häkchen bei "Deutschland - Pfalz" machen. Wenn ich gerade einen steirischen Wein probiert habe und die Datenbank bemühen will, finde ich da keine "Steiermark", sondern nur eine "Südsteiermark", eine "Südoststeiermark" und eine "Weststeiermark", wobei aus dem Etikett oft mitnichten hervorgeht, aus welcher Steiermark der Tropfen nun kommt. Ich muss erst mal Tante Google bemühen, wozu ich nun auch nicht immer Lust habe (in der Datenbank muss man für meinen Geschmack eh schon zu viele Pflichtpunkte abhaken). Das ist ungefähr so, wie wenn du jetzt anstatt "Deutschland - Mosel" "Terassenmosel", "Mittelmosel" und "Obermosel" zur Wahl hättest, obwohl keiner dieser Unterbegriffe auf den Weinetiketten aufscheint - kurzum: Es ist ebenso unübersichtlich wie lästig, und dass nicht nur ich ein gewisses Problem mit Weinbaugebieten habe, die nicht auf der Weinflasche erscheinen, sieht man ja hier an Gastons Beiträgen....

82er Steirer hat geschrieben:@ Bernd: Eben nicht. Wenn die Regeln für die jeweilige DAC nicht erfüllt werden (zB für einen Kamptal DAC), darf "Kamptal" als Herkunft gar nicht draufstehen, sondern Niederösterreich. Für Gebiete wie das Weinbaugebiet Neusiedlersee, wo eigentlich eine Vielzahl von Sorten und Ausbaustilen gepflegt wird, heißt dass dann, dass ein Großteil der produzierten Weine plötzlich nur mehr mit der Herkunft "Burgenland" deklariert werden darf.


Was für ein Schwachfug! Da kann man sich ja nur an den Kopf packen! Die DAC muss man dann eben anders nennen (bzw. enger fassen!) als das Weinbaugebiet!

Herzliche Grüße

Bernd
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weingeist

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Re: Neusiedlersee

BeitragSa 10. Dez 2016, 17:57

Liebe (nicht österr.) Diskutanten ;) !

Quält doch einfach die ÖWM (Privatpostings, Anfragen woher ist denn der Wein jetzt, ect.) damit. Die haben im Prinzip (mit einigen Winzern, die diese Idee mitrugen und der Politik) diesen "Schmarrn" veranlasst :x .

Was mich viel mehr verwundert, ist die Tatsache, dass Winzerseitig relativ wenig zu dieser Thematik zu hören ist. Anscheinend dürfte es der Mehrzahl der Konsumenten ebenfalls egal sein. Hier kommt sicher auch bei vielen zum Tragen, dass der Ab-Hof-Verkauf noch immer einen großen Anteil in der Vermarktung hat und "Hänschen", der immer bei Winzer "Hans" in Musterdorf 1 gekauft hat und kauft, relativ egal ist, ob jetzt Mittelburgenland oder eben Buregnland am Etikett steht. Er weiß ja, wohin er den Wein zuzuordnen hat (dem WInzer nämlich).

@ Gerald - In meiner privaten Verkostungsdatenbank habe ich die Bundeslandbegriffe zur Auswahl dazu genommen. Das könnte man hier (in der VK-DB des Forums ja auch tun).
Liebe Grüße
weingeist
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austria_traveller

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Re: Neusiedlersee

BeitragSa 10. Dez 2016, 20:59

weingeist hat geschrieben:Anscheinend dürfte es der Mehrzahl der Konsumenten ebenfalls egal sein.

Ich kenne immer noch viele Leute die einmal pro Jahr zu einem Winzer fahren und sich dort den Kofferraum auffüllen.
Was auf der Flasche steht, ist den meisten davon egal.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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Blaufränkisch

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Re: Neusiedlersee

BeitragSo 11. Dez 2016, 15:20

Ich verstehe ja, dass das Bezeichnungsrecht nicht immer auf den ersten Blick zu durchschauen ist, und vieles rund um das Thema DAC durchaus diskussionswürdig ist. Die Aufregung, die sich hier aber auf den letzten zweieinhalb Seiten aufgebaut hat, halte ich aber doch für - um ein freundliches Wort zu finden - ziemlich künstlich aufgeblasen.

Die Weinbaugebietsbezeichnung jenes Weines, der Ausgangspunkt war lautet Burgenland. Das steht klar am Etikett und das ist seit heuer auch de jure und seit Jahrzehnten de facto die einzige Weinbaugebietsbezeichnung (jenseits der DAC-Weine) in Österreichs östlichstem Bundesland.

Das Burgenland hat weniger als 15.000 Hektar Rebfläche. Also weniger als z.B. das Weinviertel, das immer schon ohne irgendwelche Sub-Regionen ausgekommen ist. Und deutlich weniger als z.B. mehrere deutsche Weinbaugebiete, die wie von Bernd Schulz für die Mosel zitiert auch ohne Untergebiete auf den Etiketten auskommen.

Die Entwicklung zur Abschaffung von Neusiedlersee, Neusiedlersee-Hügelland, Mittelburgenland und Südburgenland hat übrigens – lieber Weingeist – auch nichts mit dem DAC-System zu tun, sondern reicht viel weiter zurück und wurde von (den) renommierten Weingütern Burgenlands – von denen einige wohl auch von dir geschätzt werden - in allen diesen vier Gegenden gemeinsam beschlossen und umgesetzt. Ab Anfang der 1990er-Jahre (!!) verzichteten diese Betriebe auf dem Vorderetikett auf ihre damals noch geltenden Gebietsbezeichnungen zugunsten des Wortes Burgenland (und taten dem Weingesetz mit der Angabe der Untergebiete auf dem Rücketikett genüge). Sehr bald taten es ihnen die allermeisten relevanten Weingüter im gesamten Burgenland nach um ihre Gemeinsamkeit nach außen zu betonen. Schließlich haben wir ja nur gut 14.000 Hektar und die weisen – bei allen Unterschieden im Detail natürlich – eine sehr große Gemeinsamkeit im Vergleich zu den angrenzenden Bundesländern auf. Insbesondere das Weinbaugebiet Neusiedlersee-Hügelland ist damit seit vielen Jahren de facto totes Recht (während Neusiedlersee und Mittelburgenland in DAC-Gebieten aufgegangen sind).

Es war also auch nicht die ÖWM – lieber Weingeist - mit einigen Winzern und der Politik, die vier kleineren Weinbaugebiete eliminiert haben sondern ganz im Gegenteil eine kleine Gruppe von Winzern die den Anstoß gaben, denen dann ganz freiwillig unter weiter Auslegung des Weingesetzes sehr viele gefolgt sind, ehe der Gesetzgeber legistisch und die ÖWM dann endlich auch marketingmäßig reagiert hat.

Die Bezeichnung aller unserer Weine (auch die DAC-Weine tragen den Begriff Burgenland ja bewußt zusätzlich am Etikett) ist daher keine Bestrafung, kein „nur“ Burgenland, kein „muss“ Burgenland, keine „Abwertung“ (siehe Gerald, Hans Peter und andere), sondern eine bewußt und durchaus mit Stolz gewählte Herkunftsbezeichnung. Es wäre nett wenn man das nach so vielen Jahren zur Kenntnis nehmen könnte. Es ist eben kein „Schwachfug“, Bernd. Unser Weinbaugebiet ist Burgenland und die DAC-Gebiete heißen anders und sind kleiner gefaßt. Wenn die Verkostungsnotizendatenbank und die Weinforumsstruktur dieser langfristigen und eindeutigen Entwicklung nicht Rechnung tragen will, ist das natürlich ihr gutes Recht. Wenn dir das mehr Arbeit beim Eintippen macht, und manchen die Zuordnung eines Weines in den richtigen Thread erschwert, liegt es dann aber wohl nicht an der seit langem geänderten Herkunftsbezeichnungspraxis (der seit kürzerem auch das Gesetz folgt). Ich nehme an, man hätte wohl irgendwann auch auf die Auflösung der DDR bezüglich der Weinbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut reagiert und die Menüstruktur und Threadbenennung entsprechend angepaßt, wenn es damals schon Foren gegeben hätte.

Wenn man will, ist es also ganz einfach:

1. Das Burgenland ist EIN – innerhalb Österreichs eher größeres, international gesehen aber vergleichsweise kleines – Weinbaugebiet. Es bringt unter dieser Herkunftsbezeichnung eine große Vielfalt an überwiegend mit der Rebsorte bezeichneten Qualitätsweinen auf den Markt, die sich gemeinsam meist deutlich von den anderen österreichischen Weinbaugebieten unterscheiden.

2. Innerhalb des Burgenlandes sind vier konkrete, besondere Weinstile definiert, deren Geschmack und Qualität untrennbar mit ihrer näheren Herkunft verbunden ist. Solche Weine werden von den Produzenten in erster Linie über die Herkunftsbezeichnung (und nur in zweiter Linie über die Sorte) vermarktet: Neusiedlersee DAC, Leithaberg DAC, Mittelburgenland DAC, Eisenberg DAC – immer in Verbindung mit der Bezeichnung „Burgenland“.

3. Darüber hinaus gibt es für die Produzenten in diesen beiden Kategorien die Möglichkeit ihre Ortsnamen (und Lagennamen) auf dem Etikett anzuführen. Alle die die Gegend näher kennen, die sich verstärkt für diese Weine interessieren können daraus weitere, nähere Infos zur Herkunft ziehen. Wenn kein Ort auf dem Etikett steht, ist er nach Meinung des Produzenten offenbar nicht relevant für das was in der Flasche ist. Und wenn ein Ort draufsteht, man ihn aber nicht kennt, hat man entweder nicht genug Interesse an den Details (was ja in Ordnung ist, dann reicht aber auch Burgenland oder eines der DAC-Gebiete) oder der Ort hat das Interesse offenbar (noch) nicht verdient.
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Bernd Schulz

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Re: Neusiedlersee

BeitragSo 11. Dez 2016, 17:58

Unser Weinbaugebiet ist Burgenland und die DAC-Gebiete heißen anders und sind kleiner gefaßt.


Genau das war mir nach einem ersten (etwas flüchtigen) Blick auf den von Gerald gebrachten Link so nicht richtig klar, denn der Neusiedlersee oder das Mittelburgenland erscheinen hier ja auch als "Weinbaugebiete", obwohl sie offenbar zum Burgenland gehören. Wenn man dann genauer hinsieht, kann man bemerken, dass zwischen "generischen" und "spezifischen" Weinbaugebieten unterschieden wird, wobei die Sache für Außenstehende durch einen solchen Sprachgebrauch wohl kaum an Transparenz gewinnt... :?

Blaufränkisch hat geschrieben: Die Aufregung, die sich hier aber auf den letzten zweieinhalb Seiten aufgebaut hat, halte ich aber doch für - um ein freundliches Wort zu finden - ziemlich künstlich aufgeblasen.


Es handelt sich nicht um ein Thema, welches mich tatsächlich aufregt - sorry, wenn hier dieser Eindruck entstanden sein sollte, Bernhard! Im Internet generiert ein Posting schnell das nächste, wodurch die Diskussion unversehens hitziger wirkt, als sie eigentlich gemeint ist. Ich kenne mich mit österreichischen Weinen nach wie vor viel zu wenig aus, um mich über österreichische Themen ernsthaft aufregen zu können :mrgreen:. Und auf jeden Fall bedanke ich mich bei dir erst einmal für die Darlegung einer gut begründeten Gegenperspektive! Jetzt bin ich gespannt, was unsere anderen Österreicher noch dazu zu sagen haben....

Herzliche Grüße

Bernd
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weingeist

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Re: Neusiedlersee

BeitragSo 11. Dez 2016, 22:12

Hallo Bernd, hallo Bernhard!

Ein Österreicher sagt dazu nicht mehr sehr viel (ich kenne Berhards Standpunkt auch von früher), außer dass wir weder „aufgeregt“ noch „hitzig“ diskutiert haben, sondern – ich jedenfalls – zu dieser Thematik eben eine konträre Meinung zu Bernhard vertrete. Das mag man mir zugestehen und das ist wohl legitim.

Bernhard hat im Übrigen leicht lachen (aber da kriege ich jetzt gleich wieder Schelte), das Weinbaugebiet Leithaberg war ja wenigstens so vernünftig, nicht nur eine Sorte für DAC zu deklarieren.

Tja, und wer die DAC-Thematik wirklich ernsthaft betrieben hat, schreibt er ja selbst…
Blaufränkisch hat geschrieben:...sondern ganz im Gegenteil eine kleine Gruppe von Winzern die den Anstoß gaben, denen dann ganz freiwillig unter weiter Auslegung des Weingesetzes sehr viele gefolgt sind, ehe der Gesetzgeber legistisch und die ÖWM dann endlich auch marketingmäßig reagiert hat.
Ich frage mich jetzt nur, warum viele Winzer, mit denen man dazu sprach, genau das gleiche sagten, dabei aber recht bitterböse auf diese kleine Gruppe (RWB), die absolut gutes Marketing betrieben und betreiben, waren. Aber mit dem bitteren Beigeschmack und Betonung „auf diese kleine Gruppe“ (dazufügen sollte man „mit einer guten Lobby zu den richtigen Adressaten").

Ach ja, so zum Abschluss - mir persönlich ist's im Prinzip vollkommen egal, was auf dem Etikett steht, ich hoffe jedenfalls Winzer und Wein, wo ich einkaufe, sehr gut einschätzen zu können. Ich weiß auch, was mich erwartet, wenn ich einen (typischen) Blaufränkisch aus Deutschkreutz oder der Golser Gegend kaufe. Hier ging es aber um die Zuordnung für mit dem österreichischen Wein nicht so befasste Weinfreunde, die sich vielleicht doch mehr unter Mittelburgenland oder Neusiedler See vorstellen können (weil jahrzehnte lang Usus), als unter Burgenland.
Liebe Grüße
weingeist
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Bernd Schulz

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Re: Neusiedlersee

BeitragMo 12. Dez 2016, 00:25

weingeist hat geschrieben: Hier ging es aber um die Zuordnung für mit dem österreichischen Wein nicht so befasste Weinfreunde, die sich vielleicht doch mehr unter Mittelburgenland oder Neusiedler See vorstellen können (weil jahrzehnte lang Usus), als unter Burgenland.


Fakt scheint jedenfalls zu sein, dass die besagten mit dem österreichischen Wein nicht so befassten Weinfreunde häufiger ihre Probleme mit der Zuordnung des Getränks, das sie gerade im Glas haben, zu einem nicht "generischen", sondern "spezifischen" :mrgreen: Weinbaufgebiet haben. Dazu zitiere ich noch einmal Gaston:

"Warum schreibt der Hareter denn nicht Neusiedlersee auf die Flasche?"

Ich würde - erst einmal ganz unabhängig davon, ob der Wein für das "spezifische" Weinbaugebiet besonders typisch ist oder nicht (darüber lässt sich dann hinterher immer noch trefflich diskutieren) - ganz gerne mit einem Blick auf das Etikett erkennen können, aus welchem (nicht "generischen" :mrgreen: ) Weinbaugebiet er denn kommt. Ist das jetzt ein extrem abwegiges Bedürfnis in puncto Klarheit?

Die genauen Relationen im Bezeichnungsgeflecht ("generische" Weinbaugebiete - "spezifische" Weinbaugebiete - "DAC") sehe ich für Laien als erst einmal äußerst schwer durchschaubar an. Überhaupt handelt es sich bei der Neuschöpfung "DAC" nach meinem Eindruck um einen ausgesprochen abstrakten Kunstbegriff, mit dem die wenigsten Weinfreunde, die außerhalb Österreichs beheimatet sind, überhaupt etwas anfangen können. Wenn ich ganz ehrlich bin, muss auch ich mit meinem inzwischen altersschwachen Gedächtnis immer mal wieder Tante Google bemühen, wenn ich genauer wissen will, was sich hinter den drei blutleeren Buchstaben verbirgt.... :oops:

Herzliche Grüße

Bernd
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Gerald

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Re: Neusiedlersee

BeitragMo 12. Dez 2016, 08:50

So, ich habe mir die Erklärungen der ÖWM jetzt noch einmal genau durchgelesen (Bernhard, danke auch für deine zusätzlichen Erläuterungen) und glaube doch, dass man einfach - auf wessen Wunsch auch immer - die Bezeichnungen von einer rein geographischen Angabe wie früher auf ein System wie die französischen A.C. umgestellt hat, wo ein Wein entweder mit dem großen Gebiet (Burgenland) oder aber einer kleineren Untermenge (Neusiedlersee) bezeichnet wird, je nach Voraussetzungen.

Die Bezeichnung aller unserer Weine (auch die DAC-Weine tragen den Begriff Burgenland ja bewußt zusätzlich am Etikett) ist daher keine Bestrafung, kein „nur“ Burgenland, kein „muss“ Burgenland, keine „Abwertung“ (siehe Gerald, Hans Peter und andere), sondern eine bewußt und durchaus mit Stolz gewählte Herkunftsbezeichnung.


ich glaube gerne, dass das so gemeint war. Nur weiß man eben von vielen bekannten Weinbaugegenden, dass die kleinere Einheit für höherwertige Weine steht. Also dass z.B. ein Pommard AC gegenüber einem Bourgogne AC eindeutig eine höhere Klasse verkörpern soll. Und das würde ich - ohne die Erklärungen von Bernhard - jetzt auch rein intuitiv auf z.B. Neusiedlersee-Hügelland vs. Burgenland analog übertragen. Vermutlich geht es vielen anderen Weinfreunden genauso.

Mir ist schon klar, dass die Verantwortlichen (Winzerschaft, ÖWM etc.) andere Ziele dabei hatten, als dass man die Weine damit sinnvoll in eine Forumsstruktur bzw. VKN-Datenbank einordnen kann.

In der VKN-Datenbank geht es noch relativ einfach, ich wollte ohnehin (wenn ich endlich einmal dazu komme) die hierarchischen Herkunftsstrukturen abbilden, da sich das Problem besonders mit französischen Weinen sowieso schon seit längerem stellt (also wenn man nach Bordeaux sucht, soll man auch alle Weine mit Bordeaux - St. Emilion angezeigt bekommen). Im Forum wird es allerdings schwieriger, da muss man einen Wein in einen bestimmten Thread einstellen. Ob da jetzt ein eigener Thread "Burgenland" sinnvoll ist? Noch dazu, wenn ein und derselbe Wein in früheren Jahrgängen noch als "Neusiedlersee" bezeichnet wurde? Keine Ahnung, wie man das übersichtlich handhaben kann.

Grüße,
Gerald
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Blaufränkisch

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Re: Neusiedlersee

BeitragMo 12. Dez 2016, 11:58

@Bernd:
Vergiss "generisch" und "spezifisch", zumindest in Bezug auf das Burgenland. In Niederösterreich mag das relevant sein, weil dort der Weinbaugebietsname "Niederösterreich" für die Nicht-DAC-Weine nicht besonders beliebt, bekannt und beworben wird. Im Burgenland ist die Situation anders. Wir Weinbauern empfinden die Herkunftsbezeichnung "Burgenland" nicht als Deklassierung. Und alle unsere DAC-Weine haben neben ihrem speziellen Namen auch "Burgenland" auf dem Etikett.

Dazu zitiere ich noch einmal Gaston:

"Warum schreibt der Hareter denn nicht Neusiedlersee auf die Flasche?"

Ich würde - erst einmal ganz unabhängig davon, ob der Wein für das "spezifische" Weinbaugebiet besonders typisch ist oder nicht (darüber lässt sich dann hinterher immer noch trefflich diskutieren) - ganz gerne mit einem Blick auf das Etikett erkennen können, aus welchem (nicht "generischen" :mrgreen: ) Weinbaugebiet er denn kommt. Ist das jetzt ein extrem abwegiges Bedürfnis in puncto Klarheit?


Die Frage von Gaston ist ganz einfach zu beantworten: Hareter schreibt das nicht drauf, weil "Neusiedlersee" keine weinrechtlich zulässige Herkunftsbezeichnung für diesen Wein ist. Punkt. So wie z.B. "Mainschleife" keine zulässige Bezeichnung für Wein aus dem Weinbaugebiet "Franken" wäre.

Mit der Herkunftsbezeichnung Burgenland ist dein Bedürfnis punkto Klarheit exakt genauso gut befriedigt wie es mit "Neusiedlersee" wäre. Denn nach alter, Vor-DAC-Definition vereinte das Weinbaugebiet Neusiedlersee, dessen Grenzen in den Nach-Weinskandal-Wirren lediglich nach Verwaltungsbezirken nicht aber nach irgendwelchen weinstilistischen Gesichtspunkten gezogen wurden so unterschiedliche Gemeinden wie Jois und Andau. Größere Sorten-, Klima-, Boden- und Stilunterschiede als zwischen diesen beiden Gemeinden (damals in einem Weinbaugebiet) findest du im gesamten Burgenland von der Grenze zu Slowenien bis zur Grenze zur Slowakei nicht.

Ich verstehe schon, dass man aus sentimentalen Gründen und Veränderungsunwillen am Alten hängt. Man sollte sich halt dann auch bewußt sein, wieviel Scheingenauigkeit und Verklärung damit einhergeht.

@Weingeist:
Eine konträre Meinung ist natürlich legitim. Fakten sind aber halt Fakten und keine Meinung und sollten daher meinem Verständnis einer vernünftigen Diskussion nach irgendwann auch zur Kenntnis genommen werden. Ich habe eben NICHT geschrieben, dass...

Tja, und wer die DAC-Thematik wirklich ernsthaft betrieben hat, schreibt er ja selbst…

Blaufränkisch hat geschrieben:
...sondern ganz im Gegenteil eine kleine Gruppe von Winzern die den Anstoß gaben, denen dann ganz freiwillig unter weiter Auslegung des Weingesetzes sehr viele gefolgt sind, ehe der Gesetzgeber legistisch und die ÖWM dann endlich auch marketingmäßig reagiert hat.


...die RWB die DAC-Thematik ernsthaft betrieben haben, sondern mehr oder weniger genau das Gegenteil:

Die Entwicklung zur Abschaffung von Neusiedlersee, Neusiedlersee-Hügelland, Mittelburgenland und Südburgenland hat übrigens – lieber Weingeist – auch nichts mit dem DAC-System zu tun, sondern reicht viel weiter zurück und wurde von (den) renommierten Weingütern Burgenlands – von denen einige wohl auch von dir geschätzt werden - in allen diesen vier Gegenden gemeinsam beschlossen und umgesetzt.


Die RWB sind maßgeblich dafür mitverantwortlich (und dieses Verdienst wird selbst bei ihren Kritikern nicht wirklich bestritten), dass es ein gemeinsames Selbstverständnis unter den burgenländischen Weinbauern gibt, sich gemeinsam als "Burgenland" zu sehen und als solches auch auf den Etiketten als Herkunftsbezeichnung präsent sein zu wollen.

Die DAC-Idee hat damit ursächlich nichts zu tun, nicht zuletzt, weil sie erst danach entstanden ist. Sie wurde NICHT von den RWB sondern von der ÖWM, insbesondere in Form ihres damaligen Geschäftsführers Salomon entwickelt und propagiert. Dass es "Burgenland" als Qualitätsweinbaugebiet gibt, kommt dem DAC-Konzept entgegen, war aber nicht die Intention der RWB (die sich übrigens lange gegen die vier DAC-Gebiete gewehrt haben und gerne ein gesamtburgenländisches DAC gesehen hätten).

Wenn die RWB kritisiert werden (und nicht nur aus Neid, sondern auch konstruktiv), dann - berechtigt und unberechtigt - wegen vielerlei Dingen, aber sicher nicht deshalb, weil sie der innerburgenländischen Kleinstaaterei entgegengewirkt haben.

@Gerald:

ich glaube gerne, dass das so gemeint war. Nur weiß man eben von vielen bekannten Weinbaugegenden, dass die kleinere Einheit für höherwertige Weine steht. Also dass z.B. ein Pommard AC gegenüber einem Bourgogne AC eindeutig eine höhere Klasse verkörpern soll. Und das würde ich - ohne die Erklärungen von Bernhard - jetzt auch rein intuitiv auf z.B. Neusiedlersee-Hügelland vs. Burgenland analog übertragen. Vermutlich geht es vielen anderen Weinfreunden genauso.


Das ist ja auch im Grundsatz nicht falsch, Gerald. Natürlich kann und soll man innerhalb des Burgenlandes die DAC-Weine als höherwertig sehen (Übrigens, nochmal: Neusiedlersee-Hügelland ist spätestens seit der heurigen Weingesetznovelle Geschichte). Immerhin - und das ist nicht nichts - stammen sie aus Sorten, die in diesen Gebieten besonders gut gedeihen und geeignet sind, dort einen Geschmack hervorzubringen, den es anderswo so nicht gibt.

Dass es hochwertige, teure Weine gibt, die keine enger gefasste Herkunftsbezeichnung (DAC,..) tragen, weil sie entweder nicht in die entsprechenden Richtlinien passen oder der Winzer sich diesen nicht anschließen will gibt es grundsätzlich auch anderswo. Schlag nach bei den italienischen Vino da Tavola Sassicaia etc.

Bei uns gibt es das natürlich häufiger, weil wir eben eine extreme Sortenvielfalt und eine andere Weinbezeichnungshistorie haben. Und die ganze Sache eckt natürlich auch dort, wo DAC-Weine als klassische Alltagsweine definiert wurden, also in allen DAC-Gebieten die "Classic-DAC" anbieten (sprich: alle außer Leithaberg). Das hat mich schon immer gestört und ist x-fach dokumentiert, weil ich der Meinung bin, dass man in einem 5-Euro-Veltliner, einem 6-Euro-Zweigelt keine Herkunft transportieren kann, die über Niederösterreich oder Burgenland hinausgeht.

Aber da wären wir ja bei der konstruktiven Kritik und bei Argumenten. Und ich habe bei vielen Postings hier halt das Gefühl, dass es darum nicht unbedingt geht.
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Gerald

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Re: Neusiedlersee

BeitragMo 12. Dez 2016, 13:33

Hallo Bernhard,

Und die ganze Sache eckt natürlich auch dort, wo DAC-Weine als klassische Alltagsweine definiert wurden, also in allen DAC-Gebieten die "Classic-DAC" anbieten (sprich: alle außer Leithaberg). Das hat mich schon immer gestört und ist x-fach dokumentiert, weil ich der Meinung bin, dass man in einem 5-Euro-Veltliner, einem 6-Euro-Zweigelt keine Herkunft transportieren kann, die über Niederösterreich oder Burgenland hinausgeht.


OK, dein Zugang - dass die DAC-Weine also quasi die Spitze darstellen sollen - ist so gesehen völlig nachvollziehbar. Nur war die Begründung für die Einführung der DAC seinerzeit ja genau das Gegenteil davon, soweit ich mich erinnere. Da ist es doch genau um das Basissegment gegangen. Ich darf aus der ÖWM-Website zitieren:

Weine, die nach ihrer Herkunft benannt und definiert werden, sind nicht austauschbar! In Österreich mussten wir diesen schmerzlichen Erfahrungsprozess bereits erleben, als große Mengen Grüner Veltliner, Welschriesling, Zweigelt oder Blaufränkisch aus Ungarn importiert wurden und vom österreichischen Konsument – der sich primär an der Sorte orientiert – im Glauben konsumiert wurde, österreichischen Wein zu trinken.


Und bei den von dir genannten 5-Euro-Veltlinern o.ä. passt die Logik "kleineres Gebiet = wertvollerer Wein" nun eben gar nicht. Ein bisschen wurde vielleicht das Problem mit der Einführung der "Reserve"-Kategorien behoben, aber eben nur teilweise (wenn andere Rebsorte).

Wenn jetzt schon zwei gegensätzliche Grundideen für DAC-Weine sich gegenüberstehen, ist das für den Konsumenten außerhalb von Österreich wohl noch schwerer zu verstehen als für uns ...

Grüße,
Gerald
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