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(Neusiedlersee) DAC

Neusiedlersee-Hügelland, Neusiedlersee, Mittelburgenland, Südburgenland
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migy

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(Neusiedlersee) DAC

BeitragSo 11. Aug 2013, 16:23

Schönen sonnigen Nachmittag,

ich sitze gerade auf der Terasse mit einem Glas Cuvee-Esprit und blättere den neuen Vinaria-Jungweinatlas durch.
Was mir dabei aufällt ist, dass die Winzer das DAC-Siegel nur sehr eingeschränkt akzeptieren und letztlich auch nicht leben.
Aus meiner Sicht mit Recht.
Ich habe nie verstanden, warum sich die österreichische Weinwirtschaft hier mit Gewalt den von Größe und Topografie nicht vergleichbaren Ländern Frankreich und Italien anpassen musste. Der österreichische Wein war historisch von den Rebsorten geprägt. Nicht anders übrigens als in Kalifornien oder Australien. Warum jetzt unbedingt das überflüssige DAC? Und wenn man das schon machen muss leuchtet mir der GV als Leitsorte im Weinviertel bzw. der BF im Mittelburgenland noch irgendwie ein. Aber warum um Himmels Willen die Allerweltssorte Zweigelt für den -auch aus Sicht der meisten Winzer- ohnedies überflüssigen Neusiedel DAC? Und warum überhaupt Leitsorten? Sind wir jetzt sortengeprägt oder soll die Regionaltypizität herausgestrichen werden? Wie bitte soll das für das Gebiet Neusiedlersee gehen ohne BF und Cuvees?
Eben - und es wird auch nicht gelebt. Die Spitzenwinzer aus dem Gebiet Neusiedlersee (z.b. ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Nittnaus, Heinrich, Beck, Pittnauer, Preisinger) verzichten offenbar dankend auf DAC-Ehren und verkaufen iher Spitzenweine ungerührt als "Herkunft Burgenland".

Mir persönlich ist´s eher wurscht, ich denke ohnedies zu wissen, was ich trinken will. Dem Konsumenten, der sich noch unkundig orientieren will,wird jedoch durch die DAC-Regelung Qualität vorgegaukelt, wo diese einerseits zwangsläufig nicht sein muss bzw. unterschlagen, dass die Top-Weine in Wirklichkeit dort sind, wo DAC nicht draufsteht.

Muss das sein?

Beste Grüße,

Michael
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Gerald

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Re: (Neusiedlersee) DAC

BeitragMo 12. Aug 2013, 09:07

Hallo Michael,

(Neusiedl) DAC


ich habe mir erlaubt, den Threadtitel auf die korrekte Bezeichnung "Neusiedlersee DAC" zu korrigieren, ich hoffe das ist OK.

In der Sache selbst ist es ja ähnlich wie bei den anderen DAC in Österreich. Die Idee ist meiner Ansicht nach gut (ich kann einen mit xxx DAC etikettierten Wein quasi blind kaufen und weiß, was mich erwartet), die Umsetzung aber leider mehr oder weniger unglücklich gelaufen. Beispielsweise die quasi nicht vorhandene Typizitätsprüfung im Weinviertel, die 4 verschiedenen Typen (Veltliner und Riesling, jeweils "Klassik" und "Reserve") im Mini-Weinbaugebiet Traisental oder die "Eisenberg DAC", wo das ganze Südburgenland abgedeckt, deren Weine mit dem Eisenberg nur sehr wenig gemeinsam haben.

Aber wenn einmal ein paar Regionen "ihre" DAC haben, dann wollen die anderen offenbar auch mitziehen, gutes Konzept vorhanden oder auch nicht ...

Grüße,
Gerald
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weingeist

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Re: (Neusiedlersee) DAC

BeitragMo 12. Aug 2013, 12:16

Hallo Gerlad,

könnte man nicht einen "allgemeinen" Thread DAC öffnen, die Problematik ist doch in allen Bereichen gleich und die z. B. Weinviertel-DAC-Diskussion würde ja genauso dazu passen (einige ältere Beiträge auch). Habe allerdings keine Ahnung, ob das so einfach geht.

Wenn nein, ist auch zum jeweiligen Bereich spannend, die Diskussion, nur unübersichtlicher (wie DAC halt so ist.....) :lol:
Liebe Grüße
weingeist
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migy

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Re: (Neusiedlersee) DAC

BeitragMo 12. Aug 2013, 15:48

Hallo Gerald und Weingeist,

zunächst einmal danke für die Korrektur des Thread-Titels, ist natürlich o.k. :oops:

@Weingeist: ein eigener DAC-Thread wäre natürlich ideal, Diskussionsbedarf zu diesem Thema ist -wie ich glaube- vorhanden, wenngleich von der Sache her "die Kuh wohl aus dem Stall ist".

Beste Grüße,

Michael
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Blaufränkisch

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Re: (Neusiedlersee) DAC

BeitragDi 13. Aug 2013, 08:28

Hallo Michael,

man kann am DAC-Konzept zweifellos vieles und an seiner Umsetzung noch viel mehr kritisieren. Beides habe ich in den vergangenen Jahren ausgiebigst getan, unter anderem auch in meinem Blog.

Fairerweise sollte die Kritik jedoch auf einem soliden Fundament ruhen, und deshalb erlaube ich mir ein paar Anmerkungen zu deinem Eingangsposting:

Was mir dabei aufällt ist, dass die Winzer das DAC-Siegel nur sehr eingeschränkt akzeptieren und letztlich auch nicht leben.


Neusiedlersee DAC ist heuer erst in seinem zweiten Jahr, und es sollte nicht wundern, dass derart gravierende Veränderungen Zeit brauchen. Da müssen Sortimente umgestellt werden, Preise ggf. erhöht oder reduziert werden, neue Weine auf die Weinkarte gesetzt werden, vorhandene Etiketten und Kapseln aufgebraucht und Kunden informiert werden. Das ist für Weinbauern nicht so einfach, und nicht bei allen geht das von heute auf morgen. Außerdem gibt es bei allen Veränderungen natürlich einige, die sie forcieren und/oder geschickt nützen, andere, die unauffällig mitlaufen und gar nicht so wenige Skeptiker, die erst einmal abwarten und im Fall des Erfolges später dazustoßen. Und solche, die sich bewußt gegen einen Trend positionieren gibt es auch immer.

Ich habe nie verstanden, warum sich die österreichische Weinwirtschaft hier mit Gewalt den von Größe und Topografie nicht vergleichbaren Ländern Frankreich und Italien anpassen musste. Der österreichische Wein war historisch von den Rebsorten geprägt. Nicht anders übrigens als in Kalifornien oder Australien.


Worin genau unterscheidet sich die österreichische Weinwirtschaft abgesehen von der GESAMTgröße von der italienischen oder Französischen? Da wie dort gibt es ähnlich hügelige, ähnlich kleine Regionen. Und da wie dort gibt es sogar Gebiete mit Rebsortenvielfalt (zugegebenermaßen wenige) im AC-System.

Was die Rebsortenprägung betrifft, so ist die Historie diesbezüglich in Österreich mit wenigen Jahrzehnten vergleichsweise kurz (wenn auch zweifellos für die heutige Weintrinkergeneration recht prägend). Es gibt durchaus gute und gar nicht so alte Beispiele für Regionaltypen von österreichischen Weinen, die manchen auch heute noch etwas sagen. Und bei aller Rebsortenorientierung war dem Konsumenten die nähere Herkunft des österreichischen Weines nie so egal, wie sie es ihm beim australischen ist.

Warum jetzt unbedingt das überflüssige DAC? Und wenn man das schon machen muss leuchtet mir der GV als Leitsorte im Weinviertel bzw. der BF im Mittelburgenland noch irgendwie ein. Aber warum um Himmels Willen die Allerweltssorte Zweigelt für den -auch aus Sicht der meisten Winzer- ohnedies überflüssigen Neusiedel DAC? Und warum überhaupt Leitsorten? Sind wir jetzt sortengeprägt oder soll die Regionaltypizität herausgestrichen werden? Wie bitte soll das für das Gebiet Neusiedlersee gehen ohne BF und Cuvees?


Irgendwie widersprichst du dir da ein wenig selber (und bist auch nicht ganz richtig informiert). Das DAC-Konzept möchte und soll natürlich die Regionaltypizität herausstreichen. Das kann einerseits nur funktionieren, wenn die Anzahl der als regionaltypisch präsentierten Weinetypen nicht zu groß und vielfältig ist (denn sonst werden nicht alle Weine als regionaltypisch wahrgenommen, sondern gar keiner - Kommunikation ist auch Verkürzung und Vereinfachung). Und andererseits sind auch bei weitem nicht alle Weinsorten in der Lage, die Regionaltypizität (idealerweise auf hohem Niveau) zu "transportieren". Reinsortige Blaufränkische sind es im Gebiet Neusiedlersee zum Beispiel auch nach Ansicht vieler Produzenten dort nicht. (Qualitativ zu niedrige angesetzte Weintypen meiner Meinung nach generell auch nicht, aber das ist eine andere, durchaus spannende Frage.)

Neusiedlersee DAC Reserve läßt neben dem Zweigelt übrigens auch bis zu 40% andere autochtone Rebsorten zu, wenn die Weine der gemeinsamen Idee von Regionaltypizität entsprechen.

Eben - und es wird auch nicht gelebt. Die Spitzenwinzer aus dem Gebiet Neusiedlersee (z.b. ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Nittnaus, Heinrich, Beck, Pittnauer, Preisinger) verzichten offenbar dankend auf DAC-Ehren und verkaufen iher Spitzenweine ungerührt als "Herkunft Burgenland".


Die Tendenz, dass prominente Produzenten relativ groß gefaßte Gruppen meiden ist zweifellos eine Schwachstelle und jede Region muß ihren eigenen Kompromiß zwischen Breitenwirkung und Exklusivität finden. Ohne ersteres kann ein Herkunftswein kaum glaubwürdig behaupten, eine ganze Region zu repräsentieren, ohne letzteres kann tatsächlich die Wahrnehmung entstehen "dass die Top-Weine in Wirklichkeit dort sind, wo DAC nicht draufsteht". Bei der schwierigen Gratwanderung dazwischen spielen außerdem auch noch wirtschaftliche Interessen, persönliche Eitelkeiten, historische Abneigungen und die Versuchung in der Gegenbewegung eine medial gut präsente Nische zu finden eine große Rolle. Das Image des querdenkenden Spitzenwinzers, ständig auf der Suche nach neuen Ideen, um seine Weine noch besser zu machen verträgt sich schlecht mit all zu viel Gemeinschaftssinn ;)

Dem Konsumenten, der sich noch unkundig orientieren will,wird jedoch durch die DAC-Regelung Qualität vorgegaukelt, wo diese einerseits zwangsläufig nicht sein muss bzw. unterschlagen, .


In welchem Sinn gaukelt eine DAC-Regelung Qualität vor? Und wo wird dem Konsumenten gar was unterschlagen? DAC-Weine müssen mindestens so gut sein, wie Qualitätsweine und ich denke, diese Kontrollebene funktioniert auch weitgehend. ZUSÄTZLICH muß ein DAC-Wein auch noch dem gemeinsam definierten Gebietsstil entsprechen, bei dessen Umsetzung es sicherlich da und dort Verbesserungspotential gibt. Kauft man einen DAC-Wein bekommt man also auf jeden Fall das gleiche QUALITÄTSniveau wie bei einem normalen Qualitätswein und ZUSÄTZLICH in vielen Fällen auch noch ein bestimmtes STILniveau.

Herzliche Grüße

Bernhard

Produzent von Leithaberg DAC
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at

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